Fast jede Partnerschaft kommt an den Punkt, an dem man überlegt, ob man gehen oder bleiben soll. Oft hofft man dann, dass es eine Phase ist, die vorbei geht. Man spricht miteinander, meist ohne dass sich wirklich etwas ändert. Manchmal teilt man sich Freund*innen oder Bekannten mit, manchmal findet man Ideen in Büchern oder im Internet.
Was kann man tun, wenn so eine Situation aber zum Dauerzustand wird, und der Beziehungsstress zusätzlich zum Alltagsstress auf die Lebensfreude drückt?
Keiner möchte dauernde verbale Auseinandersetzungen und Streits, mangelndes Vertrauen aufgrund von Aussenbeziehung(en) oder das Fehlen von Lust oder sexueller Anziehung.
Gründe, die für eine Trennung sprechen, gibt es mannigfaltige. Kann Paartherapie oder Eheberatung helfen? Lohnt es sich, an einer Beziehung zu „arbeiten“, um eine Partnerschaft zu „kämpfen“? Kann man eine Ehe „retten“, oder ist das nur noch mehr Stress, der dauerhaft kein Glück bringt?
Dem ersten Gespräch in der Praxis oder über ZOOM geht zur Vereinbarung eines Termins eine telefonische Kontaktaufnahme oder eine Anfrage per E-Mail voraus. Manchmal möchten die Klienten kurz ihre Situation schildern und eine erste Einschätzung haben: „Lohnt sich Paartherapie in unserem Fall?“
Beide wollen die Beziehung
Wenn sich beide Partner*innen einig sind, dass sie ihr Leben weiterhin gemeinsam verbringen möchten, dann fragt man zunächst: “Was soll nach einer Paartherapie anders sein?” Die häufigsten Antworten sind: “Dass wir nicht nur als Eltern ein Team sind, sondern auch jenseit von Familie und Kindern wieder ein Liebespaar werden”, “Das Vertrauen in meinen Partner oder meine Partner*in wieder herzustellen”, “Leichtigkeit in der Partnerschaft” und “Sexuelle Lust (wieder) zu finden.”
Wenn beide Partner*innen ausdrücklich sagen, dass sie der Beziehung eine Chance geben wollen - „Nur nicht so, wie es gerade ist!'' - ist die Antwort einfach: Paartherapie, Sexualtherapie oder häufig auch als Eheberatung angebotene Gespräche können ein Paar aus der Sackgasse führen.
Die Unterbrechung der üblichen Muster in der Kommunikation hilft den Paaren, neue Wege zu finden, sich mit ihren Wünschen an den Partner zu wenden, anstatt dass Forderungen und versteckte Vorwürfe ausgetauscht werden.Der Blick von außen hilft, dass man Beobachtungen vornimmt, statt sich in Bewertungen und Erklärungen zu verlieren und dass man die Möglichkeit hat, aus einer anderen Perspektive auf die Situation zu blicken. Wir haben für Sie die möglichen Ausgangspunkte für die Entscheidung: ”Paartherapie - ja oder nein?” zusammengefasst. In welcher Situation befinden Sie sich zur Zeit?
Wenn einer unsicher ist ob es weitergehen soll
Verbesserung der Lebensqualität a: Weniger Streit miteinander im Alltag
Auch wenn einer oder beide der Partner*innen unsicher ist/sind, ob die Beziehung überhaupt noch eine Chance verdient hat, ist die Prognose für Paartherapie häufiger als erwartet sehr gut. Die empfundene Lebensqualität verbessert sich meist direkt. Das liegt zum einen daran, dass man einen Teil der schwierigen Gespräche, Diskussionen und Auseinandersetzungen auf die vereinbarten gemeinsamen Termine legen kann. Die Paartherapeut*in soll dabei nicht Schiedsrichter sein, kann aber als Übersetzer*in funktionieren, wenn die Kommunikation sich im Kreis dreht oder stockt. So kann Zuhause erst einmal wieder Ruhe und Miteinander einkehren.
Verbesserung der Lebensqualität b: Die eigene Gedankenspirale zur Ruhe kommen lassen
Entspannung setzt aber auch (häufig bereits mit dem ersten Termin) auf noch intensivere Art ein: Beziehungsstress ist für viele Menschen einer der größten wahrgenommene Stressfaktoren. Es zehrt an der Substanz, wenn man dauerhaft sich selbst und/oder den/die Partner*in infrage stellt. Jeder Kontakt wird zu Stress. Die Fragestellung, die man normalerweise alleine durch den Alltag trägt und auf die man ständig eine Antwort sucht, bekommt durch Paargespräche einen zugewiesenen Platz und feste Zeiten, in denen man sich ihr widmet. Die Gedankenspirale kommt dadurch zur Ruhe. Insofern kann die Aufnahme einer Paartherapie auch Prävention einer drohenden Depression sein. Befreiend ist oft auch, dass Soll- und Ist-Werte, die in der Beziehung auseinander klaffen, aus anderen Perspektiven betrachtet werden können. Man hört auf, sich selbst und den/die Partner*in abzuwerten.
Ist es irgendwann zu spät für eine Paartherapie?
Häufig erleben wir in der Praxis Paare, bei denen einer der beiden Partner - oft aufgeschreckt durch den Trennungswunsch des anderen - klar sagt: „Ich liebe sie/ihn immer noch.“ Der/die Partner*in kann das wiederum entweder gar nicht so klar sagen oder empfinden. Für sie/ihn gilt aktuell oder schon seit längerer Zeit: „Ich spüre nichts mehr.“ Meist fällt dann auch ein Satz wie: „Die Liebe vom Anfang ist nicht mehr da, und ich weiß nicht, ob sie noch einmal wiederkommen kann.“ Eine verständliche Sorge. Wie lange soll man in einer unglücklichen Beziehung weitermachen? Was kann man tun, wenn man nicht mehr weiß ob man überhaupt noch weiter zusammen gehen will. Wenn man keine Wünsche wie oben beschrieben mehr hat, und dem/der Partner*in auch nicht mehr zutraut, dass er oder sie „die Kurve kriegt“?
Viele aktuelle Artikel zum
Thema Liebe widmen sich dem Thema “toxischer Partner*in” oder “toxische Beziehung”. Es ist oft eine starke Vereinfachung, nach Anzeichen dafür zu suchen, dass nur mit dem Partner etwas nicht stimmt. Gerade wenn ein/e Partner*in sich bereits in einer Psychotherapie befindet, scheint eine Trennung manchmal als der einzige Weg. Auch hier lohnt es sich aber, genau hinzuschauen, gegebenenfalls auch mit Hilfe der Einschätzung durch jemanden, der täglich mit Paaren zu tun hat. Die berühmten „apokalyptischen Reiter“ der Paarbeziehung: Kritik, Rechtfertigung, Geringschätzung und Rückzug sind tatsächlich oft Zeichen für das drohende Zugehen auf das Ende einer Partnerschaft oder einer Ehe. Sie eignen sich aber auch zur Untersuchung: Was fehlt jedem einzelnen Partner genau? Das erleichtert die Entscheidung zur Trennung oder zur Weiterführung der gemeinsamen Gespräche.
Drei Mythen: Wann die Partnerschaft scheinbar nicht zu retten ist
„Wir streiten ständig. Das kann nicht gesund sein.“
Oft sieht es so aus, als ob die Probleme am/an der Partner*in liegen. Tatsächlich möchten sich die meisten Klient*innen - wenn sie gefragt werden - aber nicht vom/von der Partne*inr trennen, sondern von einem unhaltbaren Zustand. Streits bedeuten nicht zwingend, dass man „nicht zusammenpasst“. Sie deuten paradoxerweise eher auf die Bedeutung der Partner*in füreinander hin.
Konflikte flammen nicht auf, weil man sich nichts bedeutet, sondern gerade weil man sich eigentlich sehr wichtig ist. Das ist besonders häufig der Fall, wenn z.B. die Wohnsituation nur unter großen Verlusten veränderbar ist, man eventuell zusammen arbeitet, vor allem aber auch wenn Kinder im Spiel sind. Eine Trennung würde dann das Ende gleich mehrerer gemeinsamer Projekte bedeuten.
„Wenn wir die Probleme nicht selbst durch Gespräche lösen können, dann kann uns auch kein/e Paartherapeut*in helfen.“
Man glaubt oft nicht mehr an eine mögliche Zukunft mit dem/der Partner*in. Selbst wenn man beruflich täglich und erfolgreich mit anderen kommuniziert und Probleme löst: Der/die eigene Partner*in scheint sich (manchmal gerade nach vielen Jahren des Zusammenlebens) oft als jemand zu bestätigen, dem oder mit dem das nicht möglich ist.
„Wir machen nicht mehr so viel gemeinsam wie am Anfang.“ - „Wir funktionieren als Eltern gut, als Liebespaar aber nicht mehr.“
Um Konflikte zu vermeiden und um der guten Beziehung willen, beginnen Paare auf die Äußerung und Umsetzung mancher eigenen Wünsche zu verzichten. Das geht für Paare unterschiedlich lange gut. Früher oft für Jahrzehnte, heute für immer weniger Jahre. Dass der Partnerschaft etwas fehlt, ist jedoch nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass der Partner oder man selbst nicht in der Lage ist, den Wünschen nachzukommen. Häufig ist man lange einen „sicheren Weg“ gegangen und so beim kleinsten gemeinsamen Nenner geblieben. Auch hier gilt. Eine auf solche Weise unbefriedigend gewordene Beziehung muss man nicht fortführen. Aber im Partner und in der Liebe steckt häufig noch mehr, als man glaubt.
Für alle, die jetzt noch unsicher sind: Wenn die Frage lautet: Kann Paartherapie eine Trennung verhindern? Ja, das kann sie, wenn sie ein glückliches Miteinander wieder möglich macht. Man sollte nicht zusammenbleiben “der Kinder wegen”, oder weil eine Scheidung oder Trennung “zu teuer” ist. Paartherapie und Eheberatung können aber eine Hilfe sein, um wieder in Kontakt zu kommen, so dass sich ein gemeinsames Leben für beide lohnt.